Trümmersuchhunde in der Schlossbergklinik
Rettungshundestaffel des BRK nutzt ungewöhnliche Trainingsmöglichkeit An der Schlossbergklinik in Oberstaufen haben die Abrissarbeiten begonnen. Dabei sind zu manchen Zeiten Hunde zu beobachten, die das Gebäude durchstreifen. Sie gehören der Rettungshundestaffel des BRK Oberallgäu an. Diese hat die Erlaubnis erhalten, während der Dauer des Abrisses mit ihren Trümmersuchhunden, Flächensuchhunden und einem Personensuchhund für den Ernstfall zu trainieren. Staffelleiter Prof. Dr. Christoph Tiebel erklärt, was genau die Hundeführer mit ihren Tieren dabei einüben.
„Unsere Rettungshundestaffel umfasst aktuell neun Flächensuchhunde, zwei Trümmersuchhunde sowie einen Personenspürhund, auch genannt Mantrailer. Sie müssen in der Lage sein, unwegsames Gelände oder mitunter auch mal eine Scheune abzusuchen. Speziell die Trümmerhunde müssen auch schwierige Gegebenheiten im Gebäude meistern: Bei Dunkelheit ein unwegsames Trümmergelände durchsuchen“, erklärt Prof. Dr. Tiebel. Er ist zugleich BRK Landefachdienstleiter Rettungshundearbeit und im Hauptberuf Dekan des Studiengangs Sozialmanagement an der Reinhold-Würth-Hochschule im württembergischen Künzelsau. „Für uns es ein Glücksfall, dass die Firma Geiger uns gestattet hat, den Rückbau der Klinik in den nächsten Monaten für unsere Trainings zu nutzen.“
Alle 14 Tage üben die Teams aus Hundeführer und Suchhund abends in der zum jetzigen Zeitpunkt fast noch intakten Klinik. „Die Trümmersuchhunde trainieren in den schwierigen und komplexen Gebäudeteilen wie zum Beispiel dem dunklen Keller, während die Flächenhunde in den Stockwerken üben. Aufgabe des Mantrailers ist es, eine bestimmte Person aufgrund ihres Individualgeruchs im Klinikgebäude zu finden. Je nach Ausbildungsstand der Hunde verstecken wir beispielsweise Personen in irgendeinem Zimmer in einem Schrank oder auch auf einem Hochregal in einem Lager. Die Türen werden dann mehr oder weniger fest verschlossen. Bei fortgeschrittenem Ausbildungsstand des Hundes darf der Hundeführer das mehrstöckige Gebäude nicht einmal betreten - so kann man sehen, wie das Tier alleine mit seiner Aufgabe zurechtkommt“, schildert Christoph Tiebel das Vorgehen.
Wenn der Abriss weiter fortgeschritten sei, stünden Übungseinheiten in teilzerstörten Gebäudeteilen an. „Dann müssen die Hunde sich sicher in verwinkelten Kriechgängen, über Geröll und Schutt und mitunter sogar über Leitern bewegen können. Je weiter der Abbruch fortschreitet, desto komplexer werden die Übungen, bis zuletzt in Trümmerfeldern gearbeitet wird.“ All dies sei gleichzeitig auch eine Übung für die Hundeführer, die Gefahren eines Trümmereinsatzes zu erkennen.
Die Gelegenheit in einem solchem Gebäude zu üben, gebe es selten, sagt Christoph Tiebel. Normalerweise behelfe sich die Staffel bei den regelmäßigen, anspruchsvollen Trainingseinheiten mit Steinbrüchen, privaten Wäldern und Bauhöfen im ganzen Oberallgäu oder auch dem Trümmergelände der ABC-Schule der Bundeswehr in Sonthofen. „In Trainingswochen fahren wir auch zu spezifischen Trümmergeländen wie etwa in Paris oder nach Wiener Neustadt – dort steht ein riesiges Trümmerfeld des österreichischen Bundesheers mit unterschiedlichen Szenarien zur Verfügung.“ Gar nicht genug hervorheben kann der Staffelleiter das unglaubliche Engagement seiner Staffelmitglieder, die im Notfall in erster Linie zu Vermisstensuchen im unwegsamen, nicht alpinen Gelände von der Polizei hinzugezogen werden. Dafür müssen Mensch und Tier bestens ausgebildet sein. „Die Teams kommen mindestens zweimal wöchentlich zum Training, absolvieren zusätzlich noch Sanitätsdienste und wirken außerdem bei der Mittelbeschaffung mit.“ Alle zwei Jahre stehe eine sehr anspruchsvolle Prüfung an. Nicht zu unterschützen sei auch der finanzielle Aspekt dieses Hobbies. „Alle Einsatzkräfte finanzieren ihre Hunde und deren Haltung privat. Gerade in der Trümmerarbeit ist das Verletzungsrisiko der Hunde sehr groß und die Tiere sind nur bei Einsätzen versichert. Wenn beim Training etwas passiert, müssen auch diese Kosten von den Hundeführern getragen werden. Hinzu kommen die Kosten für die Anschaffung der persönlichen Schutzausrüstung, die pro Person mit rund 500 Euro zu Buche schlägt, und die die Ehrenamtlichen zu einem Großteil selbst tragen. Das alles macht sehr deutlich, wie sehr sich die Teams mit ihrem Tun – mit dem sie unter Umständen Leben retten - identifizieren“, so Christoph Tiebel. Im Jahr 2019 wurde die Rettungshundestaffel des BRK zu 43 Einsätzen hinzugezogen. In diesem Jahr waren es bislang 10 Einsätze, darunter auch einer nach der Explosion einer leerstehenden Halle in der Nähe des Günzburger Bahnhofs.
Nachwuchs sei immer willkommen, betont Tiebel. Hundehalter mit jungen, dynamischen Hunden bis 3 Jahren, die sich für diese spannende, herausfordernde Aufgabe interessieren, können über die Mailadresse c.tiebel@brk-oberallgaeu.de direkt mit ihm Kontakt aufnehmen.
Wer die Rettungshundestaffel gern finanziell unterstützen möchte, kann das beispielsweise über die Spendenaktion „Gut für das Allgäu“ tun. www.gut-fuer-das-allgaeu.de/projects/53909